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EventsNews

Sicherheit als Balanceakt – Nachbericht zum LVZ Kuppel-Expertentalk

Im Fokus stand eine Frage, die eine ganze Branche bewegt: Wie lässt sich Sicherheit bei Großveranstaltungen gewährleisten, ohne die Offenheit und Lebendigkeit des öffentlichen Lebens zu gefährden und gleichzeitig bezahlbar zu bleiben?

Trotz der kurzfristigen Absage von Bürgermeister Heiko Rosenthal, der krankheitsbedingt fehlte und keine Vertretung entsenden konnte, entwickelte sich auf dem Podium eine lebhafte Diskussion mit hochkarätigen Gästen aus Polizei, Sicherheitswirtschaft und Eventmanagement. Dass seitens der Stadtverwaltung niemand die Gelegenheit wahrnahm, die eigene Perspektive einzubringen, wurde von vielen Anwesenden mit Bedauern und leiser Irritation registriert.

Sicherheit als Voraussetzung für Freiheit

René Demmler, Präsident der Polizeidirektion Leipzig, machte deutlich, dass Gefährdungslagen heute komplexer und abstrakter sind denn je. Abwehrmaßnahmen müssten stets gerechtfertigt und verhältnismäßig sein – wie etwa im Fall von Weihnachtsmärkten, wo sensible Sicherheitskonzepte zum Standard gehören. „Es gibt keine Freiheit ohne Sicherheit“, so Demmler. „Und ohne Sicherheitsgefühl gibt es keine Besucher.“ Die Entwicklung der Veranstaltungswelt bleibe dynamisch – was heute gilt, könne in zwanzig Jahren ganz anders aussehen.

Auch Christian Teltscher, Head of Corporate Security bei RB Leipzig, betonte, dass Sicherheitsmaßnahmen und Kontrollen inzwischen von vielen Gästen erwartet würden. Sicherheit sei kein Widerspruch zu positiver Veranstaltungserfahrung, sondern zunehmend Teil eines ganzheitlichen Eventerlebnisses.

Eine Branche im Dauerstress

Martin Koslik, Geschäftsführer der Koslik & Friends GmbH, beschrieb die Lage der Branche mit drastischen Worten: „Die Veranstaltungsbranche stirbt nicht, aber sie liegt auf der Intensivstation.“ Trotz aller Herausforderungen müsse man weiterhin „gute Laune verkaufen“ – was angesichts von Personalengpässen, steigenden Mindestlöhnen, komplexen Genehmigungsverfahren und explodierenden Sicherheits- sowie Wareneinsatzkosten immer schwieriger werde.

Er äußerte zudem Kritik an einzelnen Entscheidungen der Stadtverwaltung, die im Spannungsfeld zwischen Versammlungsfreiheit und Sicherheitsinteressen getroffen werden. Diese Balance sei wichtig, könne aber im Einzelfall auch Auswirkungen auf die Sicherheit von Veranstaltungen haben – etwa am Beispiel des Till-Lindemann-Auftritts beim Leipziger Opernball.

Einig waren sich die Diskutanten, dass gute Abstimmung und klare Verhältnismäßigkeit zentrale Erfolgsfaktoren sind. „Gute Kommunikation spart Geld“, so Koslik. Dies gelte auch für aktuelle Themen wie Drohnenabwehr, deren Umsetzung mit hohen Kosten und rechtlichen Hürden verbunden sei. Demmler erläuterte hierzu das Vorgehen der Polizei und verwies auf Erfahrungen aus dem EM-Sommer in Leipzig: Zwar bestehe aktuell keine akute Bedrohungslage, doch verfüge man über geeignete Optionen und Szenarien, um schnell reagieren zu können.

Wege in die Zukunft der Veranstaltungssicherheit

Mit Blick in die Zukunft betonten die Experten, dass städtebauliche Aspekte eine wachsende Rolle spielen werden. Zufahrtsregelungen, klar ausgewiesene Veranstaltungsflächen und frühzeitige Abstimmungen zwischen Behörden, Polizei und Veranstaltern seien entscheidend, um Sicherheit planbar zu machen – wie zuletzt das Beispiel des Stadtfestes in Dresden gezeigt habe, wo man sich entschieden hatte, die Veranstaltung auf dem Postplatz nicht durchzuführen.

Neben Technik und Konzepten sei aber auch die Haltung jedes Einzelnen gefragt: Respekt, Rücksichtnahme und verantwortungsvolles Verhalten der Besucher seien ein unverzichtbarer Bestandteil eines sicheren Veranstaltungserlebnisses. Am Ende stand der Appell, einen regelmäßigen Runden Tisch zwischen Stadt, Polizei und Veranstaltern zu etablieren. Die Verantwortung, so der Konsens, müsse letztlich beim Veranstalter liegen – aber sie könne nur im Zusammenspiel mit allen Beteiligten wirksam wahrgenommen werden.

Ein Abend, der zeigte: Sicherheit ist kein starres Regelwerk, sondern ein gesellschaftlicher Aushandlungsprozess – und nur im Dialog entsteht das Vertrauen, das Veranstaltungen lebendig und zugleich sicher macht.

Impressionen des Abends von Ralf Wenske

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